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Dialog ≠ Dialog

In vielen sozialen Netzwerken kann man über gesellschaftliche Themen diskutieren. Doch wen erreicht man eigentlich wo und wie stehen die Chancen auf konstruktiven Austausch? Unsere Übersicht macht es Ihnen einfach, die unterschiedlichen Netzwerke miteinander zu vergleichen.

VON PAULO THELEN AM 02. JUNI 2021

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ABCDEFGHIJKL
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FacebookInstagramTwitterLinkedInClubhouseTikTokSnapchatYouTubeTwitchTelegram Pinterest
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Aktive Nutzer:­innen in Deutsch­land?32 Millionen21 Millionen4,7 Millionen13 Millionen0,3 Millionen10,7 Millionen11 Millionen47 Millionen3,58 Millionen7,8 Millionen13,4 Millionen
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Wen erreicht man dort?Es wollen zwar nicht alle zugeben. Aber von den nach 1950 Geborenen hat tatsächlich fast jede:r noch einen Facebook-Account.Jugendliche nach Defintion der Partei­jugend­organisa­tionen, also alle unter 35.Insbesondere Journalist:innen und Politiker:innen, aber auch Berufsgruppen wie Lehrer:innen und Menschen aus dem medizinischen Bereich finden hier ihre Bubble. Außerdem: Trolle.Hauptsächlich Akademiker:innenMenschen mit iPhone und Hang zum GeltungsdrangVor allem Generation Z Echte Jugendliche, also vor allem unter 18-Jährige Absolut jede:nVor allem Gamer:innen. Und: Männer. Sie machen 65 Prozent der Nutzer:innen aus.Bunt gemischt: WhatsApp-Skeptiker:innen, Sticker-Lieberhaber:innen, Ver­schwör­ungs­an­hänger:­innen, Russland-Freund:innen. Alter egal. Inspirationssuchende Frauen; Menschen mit Begeisterung für Basteln, Fashion oder Interior.
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Wen erreicht man bestimmt nicht?Generation Y & Z. Wer will schon auf derselben Plattform wie sein Opa abhängen?Menschen über 70Medienmenschen ohne GeltungsdrangMenschen mit Lücken im Lebenslauf, Arbeiter:innenMenschen ohne iPhoneOma und OpaAlle anderenAbsolut niemandenMenschen, die „LoL“ und „WoW“ für Ausrufe haltenSchwer zu sagenMänner mit zwei linken Händen
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Wie konstruktiv ist der Dialog?Je homogener der Kreis, desto angenehmer die Diskussion. Gerade Facebook-Gruppen können Inseln des respektvollen Austauschs sein. Prominent sind hier die visuellen Reize, die Kommentarleiste muss mühsam ausgeklappt werden. Dialog ist nicht der Fokus auf Instagram. Kommuniziert wird häufig nur in eine Richtung. Hand aufs Herz: Klar, wir alle lieben Twitter, aber gesell­schafts­poli­tische Diskussion auf Augenhöhe? Die gibt es nur in der eigenen Bubble – wenn überhaupt.Alle sind sehr bemüht. Doch allein die Existenz von vorgefertigten Musterantworten à la „Herzlichen Glückwunsch, Max Mustermann“ zeigt, dass Dialog und Austausch auf LinkedIn noch auf Starthilfe angewiesen sind. Grundsätzlich großes Potenzial, um Hierarchien zu verflachen und allen eine Beteiligung zu ermöglichen – vom einfachen Bürger bis zur Politikerin. Leider bislang durch künstliche Verknappung elitär gehalten.TikTok ist politischer als sein Image. Neben vielen Tanzvideos entstehen auch immer mehr Kanäle mit gesell­schafts­poli­tische Fokus, beispielsweise der politische TikToker Niko Kappe, dessen Kanal @nicothec bald die Marke von einer Million Abonnent:innen knacken wird.Dialog auf Snapchat? Hier dominieren dann doch eher Selfies und kurze Einblicke in den eigenen Alltag. Schon mal in eine YouTube-Kommentarspalte geschaut und dort konstruktiven Austausch entdeckt? Nun ja, vielleicht unter einigen wenigen ARTE-Videos. Dort dann aber richtig. Das hängt ganz davon ab, was der/die Streamer:in zulässt. Denn er oder sie entscheidet ganz allein, welche Zuschauer:innenfrage beantwortet und welcher Kommentar thematisiert wird. Monolog statt Dialog: In großen Channeln sind meist nur die Inhaber:innen berechtigt, Inhalte einzustellen. Dialog steht nicht im Zentrum, stattdessen lautete die Strategie: Inspirieren und dann auf die eigene Website weiterleiten.
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VorteilVeranstaltungen, Gruppen, Livestreams ... Kaum ein soziales Netzwerk bietet so vielseitige Möglichkeiten wie Facebook, um mit der eigenen Zielgruppe in Kontakt zu bleiben. Ungeheure Reichweite bei jungen Menschen: Mehr als 70 Prozent aller monatlich aktiven Nutzer:innen sind unter 35 Jahre alt. So schnell und unkompliziert wie auf Twitter lassen sich nirgendwo sonst Entscheider:innen erreichen. Alle agieren unter Klarnamen und Angabe des Arbeitgebers. Es lassen sich unkompliziert Multiplikator:innen erreichen. Dass der stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD in den Talk über urbane Mobilität reinstolpert – das ist Alltag auf Clubhouse. Akteur:innen der politischen Kommunikation haben hier noch echten Pionier:innen-Status – es wird viel verziehen und man lässt sich leicht begeistern. Das wird nicht mehr lange anhalten. Daher: Schnell sein und sich ausprobieren! Hier ist nur die Jugend unterwegs.Alle Menschen lieben Videos. AOC hat es in den USA vorgemacht, Tiemo Wölken von der SPD ist hierzulande nachgezogen. Viel Politik ist auf Twitch jedoch noch nicht unterwegs – allein der Versuch, dort gesellschaftspolitische Inhalte zu kommunizieren, kann den Medien eine Nachricht wert sein. Kommunikation direkt in den Alltag der Nutzenden.Content bleibt viel langfristiger relevant als in allen anderen Netzwerken.
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NachteilCommunity-Management ist hier besonders wichtig. Der Ton kann schnell rau werden, hier sollten also genug Ressourcen eingeplant werden - wenn es hart auf hart kommt, auch am Wochenende. Obwohl Instagram in den letzten Jahren deutlich politischer geworden ist, geht es trotzdem oft mehr um Ästhetik als um Inhalt.280 Zeichen sind dann halt doch nur 280 Zeichen. Die selbstauferlegte Verknappung ist das Herz Twitters, kann jedoch zur Polemik anstiften. Threads schaffen Abhilfe, wenn es doch mal ausführlicher werden muss.Alle agieren unter Klarnamen und Angabe des Arbeitgebers. Nach kurzem Hype scheinen sich viele Nutzer:innen wieder zu den bewährten Plattformen zurückgezogen zu haben.Ein FDP-Politiker, der den neuesten TikTok-Dance vorführt? Klickt sicher gut. Schwieriger wird es, politische Inhalte so aufzubereiten, dass sie der Plattform gerecht werden. Ihre Facebook- oder Instagram-Posts werden auf TikTok nicht laufen. Hier ist tatsächlich nur die Jugend unterwegs.In regelmäßigen Abständen guten Bewegtbild-Content zu produzieren, ist aufwändig und erfordert ein Level an Professionalität, das nicht jede:r erfüllt. Gerade Kontinuität ist für den Aufbau einer treuen YouTube-Community jedoch enorm wichtig.Die Zielgruppe ist (noch) sehr eng bemessen – und nicht einfach zufriedenzustellen. Personen ohne Berührungspunkte mit der Gaming-Szene sollten daher eventuell noch warten, bis sich das Twitch-Publikum ein wenig heterogenisiert hat.Aufbau und Wachstum ist hier recht schwer, Telegram-Kanäle sollten daher bestenfalls an bestehenden Netzwerken andocken.Inhalte müssen so spezifisch sein wie auf kaum einer anderen Plattform.
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Enga­gement­potenz­ial *mittelhochniedrigniedrigmittelhochniedrigniedrigniedrigniedrigmittel
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Fre­quenz­empfeh­lung **mittel, 2-3 Posts pro Wochemittel, 2-3 Posts pro Wochehoch, täglichniedrig (1-2 Post pro Woche)niedrig (1-2 Post pro Woche)hoch, täglichhoch, täglichniedrig (1-2 Videos pro Woche)mittel, 2-3 Streams pro Wochehoch, täglichniedrig (1-2 Post pro Woche)
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Allein­stell­ungs­merkmalAuf Facebook ist wirklich jede:r, von der Busfahrer:in bis zur Professor:in. Allerdings werden eigene Inhalte nur von sehr wenigen tatsächlich gesehen, Reichweite funktioniert entweder über Shitstorm oder Bewerbung. Letztere ist hier aber so einfach wie nirgendwo anders.Instagram galt lange als der Happy Place unter den sozialen Netzwerken. Auch wenn der Wind hier mittlerweile rauer weht, ist die Stimmung immer noch pastellig. Ohne bildstarken Content geht hier gar nichts. Am besten in Verbindung mit einer Persönlichkeit, die für die Inhalte steht.Der Inbegriff der Bubble: Das Shitstorm-Potenzial ist groß. Groß ist aber auch die Möglichkeit für organisches Wachstum und Reichweite. Jedoch nur, wenn man tagesaktuell an Diskussionen teilnimmt und sich auch mal positioniert. Mit der Weiterverbreitung von Pressemitteilungen gewinnt man hier keinen Blumentopf.Wer ist denn noch bei Xing? LinkedIn konnte sich als das deutlich aktivere berufliche Netzwerk durchsetzen, wird aber häufig, neben dem Recruiting, nur als Verlängerung für den Twitteraccount genutzt. Eigentlich schade, bleibt hier doch viel Potenzial liegen.Hype? War da ein Hype?Eigentlich dankbar: weniger gestylt und weniger perfekt als Instagram. Wer Mut und ausreichend Selbstironie mitbringt, kann hier aktuell noch viel holen.Sicher: Die Zielgruppe ist sehr spitz und Snapchat ist daher nicht für jeden Komm­unikations­anlass das richtige Instrument. Aber der Wegbereiter der Storys ist zum Erreichen der sehr jungen Zielgruppe durchaus interessant. Hier gilt, wie auch für TikTok: Mit Mut, Kreativität und Humor bietet Snapchat viel ungenutztes Potenzial.Leichter bekommt man guten Videocontent nicht unters Volk. Der Aufbau einer Community ist hier aber eher Influencer:innen vorbehalten. Interaktives Livestreaming – hätte es Twitch nicht schon vorher gegeben, hätte man es wohl in der Coronakrise erfinden müssen. Ein klassisches Netzwerk, das man unter „Versuch macht klug“ abspeichern sollte.Telegram hat sich als besondere Nische etabliert: als der Ort, wo Menschen, die das Gefühl haben, nicht überall alles sagen zu können, dies doch tun können. Dieser zweifelhafte Ruf wird den Chancen von Messengern im Allgemeinen nicht gerecht. WhatsApp und Co. sind so direkt mit dem Leben der Nutzer:innen verbunden wie kein anderes soziales Netzwerk. Die Zahlen zeigen es deutlich, hier wird Potenzial liegengelassen: Hohe Nutzungszahlen, pflegeleicht, hohes Engagement und langlebiger Content. Mehr Pins braucht die Kommunikation!
gut
mittelmäßig
schlecht

* Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Personen mit den Inhalten des Kanals interagieren?
** Empfohlene Frequenz zum Aufbau eines erfolgreichen Kanals



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